Freitag, 4. Juli 2008

WELCH Philosoph WAR HANS BLÜHER ?

Hans Blüher wurde am 17.2.1888 in Schlesien als Sohn eines Apothekers geboren. Er war Schüler der berühmten Steglitzer Gymnasiums in Berlin. Die Matura schaffte er aufs Knappste. Er war beweglich wie ein Yogi und es gibt ein Foto von seiner 8. Klasse, wo er die Beine im Lotussitz verschränkt, den Klassenkaspar mimt. Vom Militärdienst wurde er wegen Untauglichkeit suspendiert. Er marschierte drei mal über die Alpen zu Fuß nach Italien.

Er war einer der Führer und später der Philosoph der Jugendbewegung „Der Wandervogel“[1], dessen Naturerwanderung und Versuch eine natürliche Lebensart zu kultivieren in krassem Gegensatz zu den später aufkommenden und von den Machthabern mißbrauchten Jugendbünden stand.

Blüher war verheiratet und hatte einen Sohn, der bei einem Luftangriff auf Berlin einen Lungenschaden erlitt und bei den weiteren Luftangriffen in den Keller getragen werden mußte. Blüher verstarb 1955 an einer Leberkrankheit.

Welche Themen behandelte Hans Blüher ?

Er erlitt das Martyrium seiner Zeit um ein Äon voraus zu sein. Er versuchte die Jugend vor Materialismus und Naturentfremdung zu schützen.

Er versuchte die verfolgten Homosexuellen vor den Ächtern zu schützen und das Phänomen der Männerbünde als mannmännliche Erossäule zu erklären. [2]

Er versuchte den Eros aus der ( wenig anständigen - eigenes Zitat ) Gesellschaft der Sexualärzte herauszulösen, und den Eros als Organ für die Person und darüber hinaus auch noch für die Güte GOTTES zu erweisen. Erst seit Christus gibt es diese höchste Liebe - selten, aber doch. [3]

Er versuchte die Neurose aus der beschränkten Sicht der Psychologen herauszuholen und sie im Lichte einer "sinnvoller Erkrankung" zur Sinnfindung zu sehen.[4] Er widerlegte in diesem Zusammen­hang sogar einige Gedanken von Sigmund Freud als 25-Jähriger!

Er versuchte überdies die Gestalt Jesu den Theologen zu entwinden und dessen aristokratische Erscheinung in der Weltgeschichte heraus zu meißeln.[5]

Blüher versuchte auch die Judenfrage auf metaphysische Ebene zu heben. [6]

Blüher äußerte seine Verachtung für die pseudoreligiösen Untermenschen, die ein tausendjähriges Reich mimten und sich eine „Erlösung und Rettung der Welt“ anmaßten. Noch 1933 hat sich Blüher mit Hitler angelegt, was vielleicht sein Leben gekostet hätte, allerdings auf einer Ebene, die den Vollzugsorganen von rechts und den Beurteilern von links kaum zugänglich war: Er stellte das Kreuz höher als das Hakenkreuz und hat Hitler vor jeglichem Progrom gewarnt. Weil er den Berliner Stadtkomman­danten von einer schweren Krankheit geheilt hatte, kam er mit (lediglich) Schreibverbot davon. Er umging dieses Verbot und schrieb in Buchhaltungsjournale, um einer zu befürchtenden Kontrolle durch die Nazis zu entgehen, sein Hauptwerk „Die Achse der Natur“.[7]Die kommenden Jahre bis Kriegsende waren die fruchtbarsten.

In den 12 Jahren dieses Schreibverbots (1933-1945) gelang ihm ein - bislang unwidersprochenes - transzendentales Weltbild, das die Vernunft zu befriedigen vermag - der natürlichen Liebe (Eros) ihren zentralen Rang im Leben der Menschen einräumt und das Phänomen der Religion als "Hilfe" klärt. Seine Deutung dieses einzigen "Menschensohnes" regt die tiefsten Gemüter zur Auseinandersetzung an.

Zugleich ist es ein hervorragendes Lehrbuch der Philosophie und Erkenntnistheorie, das die Spitzenerkenntnisse von Plato bis Kant, von Schopenhauer über Nietzsche bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts zusammenfaßt.

Dieser Philosoph gehört wie Brentano zu den Genien, die erst im Alter ihre größte Geisteskraft erhielten.

Die beiden letzten sind unwidersprochenes und womöglich gar unwiderlegbares Gut der kritischen Philosophie. Die großen Denker stehen noch aus, die diese Werke zu würdigen wissen und letzte Korrekturen anzubringen befugt sind.

Zur Philosophie Hans Blühers: Kleine Einleitung

Vorbedingungen zum Verständnis:

Als Erstes - Zur Ordnung des Intellekts

Als erstes muß der gewaltige Unterschied zwischen Verstand und Vernunft verstanden sein und nie mehr durch Ungenauigkeit verlorengehen.

Der menschliche Intellekt hat zwei Aggregatzustände, die einander unentwegt überlappen, ähnlich dem Wasser bei Null Grad - wo Eis und Flüssigkeit so nah beisammen und doch zwei verschiedene Zustände. Oder bei 100 Grad der Übergang zum Dampf / Gasförmigen zu beobachten ist.

Der Verstand - über den auch das Tier verfügt - ist von „erhabener Nüchternheit“. In ihm passieren die Erregungen durch die anschauliche Welt - besonders gesteigert im Künstler, Liebenden, Mystiker, Kind.

Schon Sekundenbruchteile nach einem unmittelbaren Natureindruck, kann sich die VERNUNFT dazumischen und das Ereignis bewerten, vergleichen, leider auch so lang zerdenken, bis die Schönheit und Unmittelbarkeit daraus entwichen ist.

Mancher empfand die menschliche Vernunft als Störenfried bei der Liebe, oder gar als Quälgeist, der ähnlich einem Folterknecht immer die gleichen, zunächst nicht zu beantwortenden Fragen fragt. So sehr uns die Vernunft zustatten kommt bei der Lösung von technischen, wirtschaftlichen Angelegenheiten, sosehr kann sie auch die Herrschaft in einer Person an sich reißen, wenn der Mensch es ihr allzu leicht gestattet.

Sie sollte vielmehr ein Diener/Angestellter des Menschen sein, damit dieser seiner wirklichen Lebensaufgabe, die natürlich viel komplexer als rationales Konstruieren ist, gerecht werden kann. Vernunft ist Menschenschicksal und will angenommen sein.

Ein naives "zurück zum vernunftlosen Tier" ist unmöglich. Dieser Weg in die Unschuld ist versperrt und hat vielleicht nie bestanden.

Als Zweites: Das Wunder der BEGRIFFE

Ist es nicht verwunderlich, daß die Begriffe das jeweilige Ding tatsächlich zu "greifen" vermögen?

Die Löwenzahnblüte vor mir wird sowohl von meinem Verstand an ihrer generellen Form wiedererkannt (auch eine wunderliche Verbindung zwischen dem Ding und mir) als auch von dem in meiner Vernunft sich meldenden sprachlichen Begriff "Löwenzahn" erfaßt.

Sokrates glaubte, daß es "echte Namen" der Dinge gebe, die nicht durch Menschensatzung vereinbart sind, sondern durch deren Nennung eine Verbindung zu dem "Ding an sich" geschlagen werde.

Plato nannte das, was den Naturgebilden Stütze gibt, die „archetypische Idee“

Schamanen können durch die richtige Namensnennung den jeweiligen Archetyp - etwa den Büffelgeist, zu Heilungen oder einer erfolgreichen Jagd bewegen. (Achse der Natur - 2.Kap.)

Es gibt Begriffe die nur einmal vorkommen: Individualbegriffe

Wird der eigene individuelle Name, plötzlich im Marktgewühl unvorbereitet gerufen, erschrecken viele und es läßt sie die besondere Tiefe der wirklichen Namen erahnen.

Der Name Gottes hatte im alten Judentum seine geheimnisvolle Bewandtnis. Ebenso wirken die Zaubersprüche nur, wenn sie unverändert, von befugter Person und zur rechten Zeit gesprochen werden. Verruchte, obszöne und Fluchworte haben ebenso eine Wirkung auf unsere tieferen Schichten, wie sakrale und Heilsworte.

Die Wissenschaft darf hier nicht auf ängstlichen Vorurteilen beharren, sondern sich die Phänomene vor Ort betrachten. Ebenso dürfen die christlichen Theologen solches und ähnliches nicht als "Teufelsspuk" aburteilen, sondern finden vielleicht darin einen Beleg für die Wunderbarkeit der geistigen Zusammenhänge und einen Anstoß, mehr in die mystische Praxis zu gehen, anstatt vorrangig der Vernunft zu frönen - die meist virginal (unfruchtbar) ist.

Als Drittes: Natürliche Religion anstatt "erdachter" Denkwelt

Schaffen kann nur die Natur. Nur Echtes hat Natursanktion und kann sich fortpflanzen. Die Hybriden sind unfruchtbar.

Die Gebilde der DENKWELT der Menschen haben keinen Naturbestand. Sie brechen über kurz oder lang zusammen. Man besehe sich bloß all die verkrampften, „Gott ausklammernden“ Weltverbesser­ungsbemühungen und erdachten „Ethiken“.

Selbst bestgemeinte Aktionen, kippen - weil sie ungesegnet sind - ins Nutzlose oder gar in ihr Gegenteil um.

Dieses Phänomen entdeckte Paulus vor fast 2000 Jahren und nannte dies HAMARTIA = Zielverfehlung. "Erbsünde" übersetzte Luther.

Die Verkündigungen und Offenbarungen des Schöpfers aller Dinge berühren unseren Verstand oft unmittelbar und trösten und retten vor der quälenden Vernunft. Sie dürfen von theologischer Seite nie als Behauptungen aufgestellt werden. Da wären sie dann leeres Stroh, über das jeder freie Mittelschüler spötteln könnte.

Und doch gibt es einige Brückenschläge, wie etwa philosophisch - transzendentale Erkenntnisse, die sogar die Vernunft eines gläubigen Menschen beruhigen können. Blüher fand einige dieser Brücken.



WAS HAT HANS BLÜHER GELEISTET?

Blüher hat die Entdeckungen der Genialischen auf eine Synthese gebracht. Er baut auf Platos Entdeckungen:

Die Ideen der Naturgebilde sind in Wirklichkeit reale Kräfte, die den Naturgebilden hier im Erscheinenden die Form und Fortpflanzung garantieren.

Blüher bemühte sich um die VEREINIGUNG von WISSENSCHAFT UND RELIGION. Die Wissenschaft soll mit mehr Ehrfurcht vor dem Leben und vor dem Göttlichen betrieben werden. Die Religionstheorie möge auch mit wissenschaftlicher Rechtschaffenheit und Logik betrieben werden, so daß weder Aberglauben, noch Schwärmerei der wirklich sich ereignenden Rückbindung (Religio) ein Hindernis sind.

SCHLUSSWORT DES HERAUSGEBERS

Durch die Revolutionen der letzten 200 Jahre entstand eine geistige und soziale ANARCHIE. Nicht nur die Europäer, sondern auch die von europäischer Technik übermachteten Erdbewohner stellen folgende Frage zunehmend lauter:

Welche echten Werte bewahren uns vor dem Untergang in einer bereits unerträglichen Marktwirtschaft, einem sinnlosen Dahinvegetieren, einem „zu Tode vergnügen“? Welche Werte führen uns zu würdigem Leben?

Wir müssen uns eingestehen, daß eine Begründung von Ethik außerhalb der Religion gescheitert ist. Alle philosophischen Bemühungen vor und nach Kant sind zu kurz geraten (Wilutzky).

Das Phänomen der Liebe, der Güte, der Schuld, der Erlösung ist nirgends gelöst worden. Die christliche Religion behauptet, diese höchsten Fragen beantworten zu können.

Was als frohe Botschaft (Evangelium) gemeint war und die Herzen und den Verstand berührt, kann zu völlig neuen Taten führen.

Wenn jedoch die Vernunft diese Verkündigungen analysieren will, oder gar sich zu Behauptungen versteigt, zerrinnt alles zwischen den Fingern: Man drischt leeres Stroh, man ist der Lächerlichkeit preisgegeben.

Der Genius Hans Blüher kommt dem Leser nicht entgegen. Er schmeichelt nie. Seine Haltung ist etwa:

Prüfe diese Sichtweise! Falls es Dir mehr um Wahrheit als um Rechthaben geht, so wirst Du zunehmend mit allen Wahrheiten beschenkt werden.

Für ihn ist es seit 1930 klar: Es gibt absolute Wahrheit.

Diese ist nicht erwerbbar, wie die Universitäten vielleicht glauben machen, sondern die (tiefere) Natur wählt aus (!) wem sie sich enthüllt und wie sehr!

Nur wenn die Freiheit total ist, auch das Absolute völlig abzulehnen, kann es möglich sein, aus Liebe sich dem Absoluten wieder zuzuwenden. Hier deckt sich Blühers Haltung mit den jüdischen Mystikern, den Chassidim - etwa Friedrich Weinreb, der sinngemäß meint:

Es ist wirklich Alles erlaubt. Man darf in Trutz und Verstockung verharren, man kann zu wenig Ausdauer im Suchen gehabt haben und sich Leichterem zugewendet haben. Es hat lediglich häufig folgende Konsequenzen: So ein Mensch wähnt sich im Chaos und kann die Geordnetheit nicht wahrnehmen. Sein gelegentliches Glück ist nur ein relatives, kein überschäumendes, die Freude nie eine vollkommene.

Prof. (emer.) Augustinus Wucherer von Huldenfeld von der theologischen Fakultät in Wien stellte die These auf, daß „des Menschen Verhältnis zum Absoluten ein UNAUSWEICHLICHES sei“.

Spätestens bei jedem gravierenden Lebenseinschnitt, (etwa dem Tod eines geliebten Menschen und letztlich dem eigenen) leuchtet dieses Thema auf und die These erweist sich als wahr.

Chlodwig Auly



[1] Wandervogel-Trilogie - 1920. Werke und Tage - 1920

[2] Kampf um Israel - Die Erhebung Israels gegen die christlichen Güter - 1931

[3] Der Eros in der männlichen Gesellschaft - 1962 - Klett Verlag. Studien zur Inversion und Perversion - 1965 Karl Decker Verlag

[4] Traktat über die Heilkunde - insbesondere die Neurosenlehre (Erstauflage 1920. Neuauflage 1995 - Humberg & Fresen Buchverlag)

[5] Die Aristie des Jesus von Nazareth - 1922. Der Standort des Christentums in der lebendigen Welt - 1931

[6] Die Erhebung Israels gegen die christlichen Güter - 1931

[7] Die Achse der Natur (1949) + Parerga zur Achse der Natur (1955)

Fast alle diese sind vergriffen. Die ersten 5 nicht mehr ganz aktuell, gehörten auf den neuesten Stand der Forschung modifiziert.

1 Kommentar:

chlod hat gesagt…

ja anregend
Danke